Markus Buschor
Trotz Überprüfung der «Public Library» steht der Stadtrat hinter dem Projekt.
Der Regierungsrat, insbesondere Katrin Alder und Yves Noël Balmer äusserten sich in der Medienkonferenz zu den Abstimmungsergebnissen. sro
Es war seit der Abschaffung der Landsgemeinde die wohl wichtigste Abstimmung für die Ausserrhoder Bevölkerung. Am Sonntag wurde entschieden, wie die künftigen Gemeindestrukturen aussehen sollen. Das Ergebnis fiel sehr klar aus.
Abstimmung Im Wahlstübli kamen am Sonntag Politikerinnen und Politiker sowie Interessierte aus der Bevölkerung zusammen, um die Ergebnisse aus den Gemeinden mitzuverfolgen. Die Anwesenden diskutierten und tauschten sich aus, verfolgten, wie erste Gemeinden ausgezählt wurden.
Je mehr Gemeinden hinzukamen, desto klarer wurde, in welche Richtung das Ergebnis gehen würde: es sprach rasch für die Eventualvorlage. Das änderte sich auch nicht mehr, als die letzten vier Gemeinden ausgezählt wurden. Einige Gemeinden stechen dabei heraus: Urnäsch stimmte mit nur 18 Prozent für den Gegenvorschlag, Teufen mit 21 Prozent und Stein mit 25 Prozent. Mit Abstand am meisten Zustimmung erhielt der Gegenvorschlag in Trogen mit 70 Prozent Ja-Anteil. In Rehetobel stimmten 62 Prozent und in Herisau 53 Prozent dafür. Die Stimmbevölkerung von Wald, Heiden, Grub, Hundwil sprach sich ebenfalls für den Gegenvorschlag aus. Enttäuschung war auf einigen Gesichtern der Anwesenden erkennbar, Freude bei den Gegnern des Gegenvorschlages.
«Wir sind enttäuscht über das Ergebnis, da wir gehofft haben, dass die Bevölkerung zusammensteht und gemeinsam Strukturen im Kanton erarbeitet, die für alle Sinn ergeben und von denen alle profitieren würden. Es besteht mit einem griffigen Fusionsgesetz nun aber dennoch die Möglichkeit, nötige Fusionen geschickt zu unterstützen», sagt Martina Jucker, Fraktionspräsidentin der SP Appenzell Ausserrhoden. Die Sorge, dass es so zu keinen Fusionen kommen werde, stehe für die SP im Raum, auch aber, dass die Unterschiede zwischen den Gemeinden grösser werden.
«Mit dem Gegenvorschlag hätten alle gemeinsam und solidarisch weitergehen können. So könnte passieren, dass finanzschwache Gemeinden aussen vorgelassen werden», sagt Jucker. Sie fürchtet zudem, es gehe mit dem Eventualvorschlag länger bis Fusionen zustande kommen. «Jetzt hätten wir aus einer starken Position fusionieren können. Je nachdem wie lang es dauert, kann sich die Situation massiv verschlechtern und Fusionen verkomplizieren», sagt Jucker. Ähnlich sieht das Mathias Steinhauer von der EVP, ebenfalls ein Befürworter des Gegenvorschlages. «Da ich mich für etwas anderes eingesetzt habe, ist dieses Ergebnis natürlich eine Enttäuschung. Das Resultat ist aber zu akzeptieren, die Stimmbevölkerung hat entschieden. Scheinbar hat die Kampagne, welche mit dem Wort Zwang gearbeitet hat, besser funktioniert – es ist wahrscheinlich einfacher, mit Angst zu arbeiten, statt mit den Ansätzen von Chancen», sagt Steinhauer.
Mit der Annahme der Eventualvorlage sei aber nicht bestritten worden, dass Handlungsbedarf bestehe. «Ist das Gesetz da, sind die Gemeinden gefordert. Dennoch dünkt mich bemerkenswert, dass über 40 Prozent eigentlich der Meinung sind, es müsse vorwärts gemacht werden. Das ist ein klarer Fingerzeig für alle, die der Meinung sind, es sei noch alles gut», so Steinhauer. Es müssten nun Nägel mit Köpfen gemacht werden – auch wenn für ihn unbestritten sei, dass es mit dem gewählten Weg länger dauere. «Hätten wir den Gegenvorschlag angenommen, hätte man direkt beginnen können zu arbeiten, der Prozess hätte nach fünf Jahren in einer neuen Gemeindestruktur geendet. Ich denke, erste Zusammenschlüsse haben wir wohl erst in zehn Jahren. Ausserdem dürfte es teurer werden», sagt Steinhauer. Mittelfristig werde also nichts passieren, man hinke so der Zeit weiter hinterher.
Max Slongo, Kantonsrat SVP, hingegen hat sich stets für den Eventualvorschlag ausgesprochen. «Ich hatte ein wenig Angst, dass es zu einem doppelten Nein kommen könnte – das wäre für unseren Kanton nicht gut gewesen, daher ist die Erleichterung gross. Aber ich habe ganz klar erwartet, dass der Gegenvorschlag sich nicht durchsetzen wird. Sobald das Gesetz, welches Fusionen ermöglicht, ausgearbeitet ist, können Gemeinden fusionieren.» Slongo geht davon aus, dass dort, wo Bedarf vorhanden ist, Fusionsbestrebungen rasch in Angriff genommen werden. «Fusionen sind nicht überall nötig», so Slongo. Wie schätzt er die Situation in den Gemeinden ein, die finanziell nicht gut aufgestellt sind? «Ich denke kaum, dass eine finanzschwache Gemeinde aussen vorbleibt – zum Beispiel Hundwil im Hinterland. Die nun angenommene Verfassungsänderung sieht finanzielle Unterstützung durch den Kanton vor, sodass niemand übrigbleiben muss», sagt Slongo.
Der Regierungsrat äusserte sich nach der Abstimmung an einer Medienkonferenz zum Ergebnis. «Der Regierungsrat ist erfreut, dass das Volk einen ersten Schritt in Richtung Fusionen ermöglicht. Wir machen uns nun an die Arbeit», sagte Landammann Yves Noël Balmer. Erfreut zeigt er sich über die Stimmbeteiligung von 46,5 Prozent, das sei für den Kanton eine gute Beteiligung. Regierungsrätin Katrin Alder sprach über die weiteren Schritte. «Der Regierungsrat wird nun ein Gesetz ausarbeiten, welches Fusionen möglich macht und diese administrativ sowie finanziell begleiten kann. Ob und wann Fusionen schliesslich zustande kommen, ist unklar. Das muss von den Gemeinden aus kommen», so Alder. Doch ist der Regierungsrat nicht enttäuscht, dass der Gegenvorschlag bachab geschickt wurde? Balmer äussert sich dazu sehr diplomatisch. «Der Regierungsrat hat den Gegenvorschlag als besser erachtet, aber wir haben ein sehr klares Ergebnis, daher ist das vom Tisch. Der Gegenvorschlag war sicher mutig und progressiv, aber der Weg wäre ein gemeinsamer gewesen», so Balmer. Laut Alder habe man den Puls vor der Abstimmung spüren können, daher habe man sich auf alles einstellen müssen. Wann kann der Kanton Appenzell Ausserrhoden mit einem entsprechenden Gesetz rechnen? «Das wird nicht vor zwei Jahren der Fall sein», sagt Alder.
Stefanie Rohner
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