Klima Aktivismus
Nationalkader-Schütze tritt aus Sorge um Klima zurück
Christian Alther wurde mit den Gossauer Sportschützen Schweizermeister, jetzt engagiert er sich als Klimaaktivist
Aus ist der Traum von Olympia. Christian Alther ist Sportschütze oder besser gesagt war Sportschütze. Im Herbst 2022 gab der 25-Jährige eine vielversprechende Schützenkarriere auf, nicht aufgrund einer karrierebeendenden Verletzung oder aus Leistungsgründen, sondern für den Klimaschutz.
Klimaaktivismus «Ich sorge mich sehr um unsere Zukunft. Schuld ist die Klimakrise», sagt Alther mit gesenktem Blick. Noch vor Kurzem verfolgte er vor allem sportliche Ziele. Jahrelang setzte er alles daran, seinen Traum von einer Teilnahme an den Olympischen Spielen wahrwerden zu lassen. Im November 2021 zog er deswegen sogar von Grub im Kanton St.Gallen nach Dornbirn im Vorarlberg, da dort für ihn bessere Trainingsmöglichkeiten bestanden. Heute sehen seine Ziele anders aus. Er will etwas verändern. «Für mich hat es sich nicht mehr richtig angefühlt, meine eigenen egoistischen Ziele zu verfolgen, wenn wir doch auf eine Klimakatastrophe zurasen.» Ihm sei bewusst, dass die Probleme, die der Klimawandel mit sich bringt, nicht gelöst würden, nur weil er sich vom Spitzensport zurückziehe. Nichtstun sei für ihn aber keine Option.
Vielversprechende Spitzensport Karriere
Noch im Juli 2022 gewann Alther mit den Sportschützen Gossau den Schweizer Meistertitel im Team. «Der Schiesssport war für mehr als zehn Jahre die grosse Leidenschaft in meinem Leben. Es ist Teil meiner Identität», sagt Alther. Er war gerade einmal zwölf Jahre alt, als er mit dem Schiessen begann. Die Sportgeräte seiner Wahl: Das Kleinkalieber- und das Luftgewehr. Früh zeigte er nicht bloss Talent, sondern vor allem Ehrgeiz. Mit 16 Jahren begann er den Sport intensiver zu betreiben und bereits vier Jahre später wurde er ins Nationalkader aufgenommen. Einer der grössten Meilensteine seiner Karriere, wie er selbst sagt. «Im Durchschnitt kostete mich der Schiesssport etwa 20'000 Franken im Jahr», so Alther. Eine Summe, die er allein nicht stemmen konnte, so dass er sich selbst in der Freizeit um die Sponsorensuche kümmern musste. Auch die Buchhaltung führte er selbst. «Seit 2019 habe ich etwa 40 Stunden pro Woche in meine Schützenkarriere investiert. Also fast ein Pensum von 100 Prozent», erzählt Alther. Nebenbei arbeitete er in einem 40-Prozent-Pensum als Konstrukteur.
Fürs Klima auf die Strasse
Seinem Beruf geht er auch weiterhin nach, nur die Freizeitgestaltung hat sich geändert. Seit Frühling dieses Jahres ist Christian Alther Mitglied bei der Bewegung Extinction Rebellion Vorarlberg. Heute ist er praktisch täglich für die Bewegung im Einsatz. «Zu Beginn wollte ich eigentlich eher im Hintergrund tätig sein. Mittlerweile lasse ich mich für unsere Ziele wenn nötig auch verhaften und nehme die Konsequenzen dafür in Kauf.» Extinction Rebellion ist eine globale Klimaschutzbewegung. Ihr Ziel: Mit gewaltfreiem, zivilem Ungehorsam wie beispielsweise Strassenblockaden Aufmerksamkeit für die Klimakrise zu schaffen. «Wir wollen systemische Veränderung erreichen. Da wir wissen, dass das Konsumverhalten einzelner Leute zu wenig bewirkt, fordern wir die Politik zum Handeln auf.»
Der Rücktritt schmerzt
Die Aktivisten möchten die Politik mit ihrem Widerstand dazu bewegen, die Öffentlichkeit besser über den Klimanotstand zu informieren und konkrete Massnahmen zur Verhinderung einer ökologischen Katastrophe umzusetzen. Christian Alther verlässt den Schiesssport mit einem weinenden Auge, kann mit seiner Entscheidung aber gut leben. «Ich bereue nicht, meine Spitzensportkarriere aufgegeben zu haben. Ich arbeite nun fast täglich mit positiven Menschen zusammen, die versuchen, gemeinsam etwas zu verändern. Das gibt mir unglaublich viel Kraft.»
Von Selim Jung