Alfred Zwickl
amtet seit 1998 als Präsident des Ortsmuseums Wittenbach.
Der Spitalverbund Appenzell Ausserrhoden (SVAR) schloss das Geschäftsjahr 2023 mit einem Minus von 2,9 Millionen Franken ab. Das Defizit ist fast doppelt so hoch wie im Vorjahr. Alain Kohler, Leiter der Unternehmenskommunikation, erklärt im Interview die Gründe für das Defizit.
Herr Kohler, das Defizit hat sich fast verdoppelt. Was hat dazu geführt?
Im Geschäftsjahr 2023 konnten wichtige Fortschritte und Erfolge in der Versorgungsleistung, der Ausgestaltung von Kooperationen und der Entwicklung der Unternehmenskultur verzeichnet werden. Die Spitäler der Schweiz befinden sich aber in einer sehr schwierigen Situation. Fachkräftemangel, Teuerung, starre und unterfinanzierte Tarife sowie der zunehmende Druck auf das Zusatzversicherungsgeschäft belasten die Branche massiv. Dieses anspruchsvolle Marktumfeld mit negativen Auswirkungen spürt auch der SVAR. Entsprechend belasten erhöhte Aufwände für Fremdpersonal, Energie und Zinsen das Jahresergebnis. Die Situation wird durch den Umstand verschärft, dass die Kostensteigerungen aufgrund der starren und seit Jahren zu tiefen Tarifen nicht durch Erlössteigerungen aufgefangen werden können. Somit blicken wir auf ein Jahr mit «Licht und Schatten» zurück.
Die Auslastung im Spital Herisau und im Psychiatrischen Zentrum (PZA) sind aber hoch - weshalb kann es doch defizitär sein?
Die erbrachten Leistungen werden durch die zu niedrigen Tarife bei weitem nicht gedeckt. Da die Tarife per se zu tief sind, besteht sogar die Gefahr, dass das Defizit steigt, je höher die Auslastung ist. Gewisse Zusatzkosten, etwa in den Bereichen Energie und Personal, sind nicht gedeckt.
Die Tarife seien starr und seit Jahren zu tief – wie unterfinanziert sind dadurch die verschiedenen Bereiche im SVAR?
Das Problem betrifft schweizweit die gesamte Branche. Der spitalambulante Bereich ist gemäss Branchenverband H+ bis zu 30 Prozent unterfinanziert, der stationäre Bereich bis zu 10 Prozent. Zudem erfolgt keine Teuerungsanpassung.
Derzeit werden Tarifverhandlungen geführt – ist es möglich, dass Sie bessere Tarife verhandeln können?
Über den Ausgang der aktuell geführten Tarifverhandlungen können wir noch keine Auskunft geben.
Was unternimmt der SVAR nebst Tarifverhandlungen, um die Wirtschaftlichkeit zu verbessern?
Die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit wird in den kommenden Jahren eine prioritäre und anspruchsvolle Arbeit im SVAR sein. Auch 2024 gilt es, mehrere Themen gleichzeitig voranzutreiben und aufeinander abzustimmen: gesundes Wachstum über eine Stärkung, Erweiterung und Schärfung des Angebots, Ausgestaltung von Kooperationen und Weiterführung der Vernetzung, Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber, Verbesserung der Erlössituation durch Erhöhung der Tarife, Kapazitäts- und Performance-Management, Wiederherstellung der Wirtschaftlichkeit, massvolle und strategiekonforme Modernisierung der Infrastruktur, Optimierung der Prozesse und auch gezielte technologische Innovationen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Umsetzung der gemeinsamen Spitalplanung der Kantone Appenzell Ausser- und Innerrhoden und St.Gallen, die seit April in Kraft ist.
Könnte diese dabei helfen, Einsparungen zu erreichen?
Weder die Patientenströme noch unser Einzugsgebiet machen an der Kantonsgrenze halt. Neu stehen wir in drei Kantonen auf der Spitalliste und die Patienten aus SG, AR und AI benötigen keine Kostengutsprache mehr, wenn sie sich in einem ausserkantonalen Spital behandeln lassen wollen. Damit erhalten insbesondere Patientinnen und Patienten aus dem Kanton SG einen einfacheren Zugang zu uns ins Spital Herisau als bisher. Das Marktvolumen wird also grösser.
Ist es überhaupt möglich, dass Spitäler Gewinne schreiben?
Für Grundversorger, wie dies der SVAR ist, ist dies momentan utopisch. Gewinne sind nur möglich, wenn sich ein Spital spezialisiert. Beim SVAR steht jedoch der Verfassungsauftrag im Vordergrund: Der SVAR muss die Gesundheitsversorgung im Kanton AR sicherstellen und darf keine Personen abweisen, nur weil der Fall defizitär ist.
Gemäss der Eignerstrategie des Kantons müsste der SVAR bis 2024 ein ausgeglichenes Ergebnis erzielen – ist das machbar?
Die Eignerstrategie gibt für die laufende Stabilisierungsphase nicht nur wirtschaftliche, sondern auch versorgungspolitische und personalpolitische Ziele, Ziele zu Immobilien und Infrastruktur und Ziele zu Kooperationen vor. Bei der Umsetzung dieser Ziele sind wir mehrheitlich auf Kurs. Das Ergebnis ist somit keine Abkehr vom Turnaround. Die Stabilisierungsphase ist aber noch nicht abgeschlossen. Anzuerkennen ist, dass sich das Marktumfeld in den vergangenen Jahren drastisch verändert hat: Nicht beeinflussbare Kosten sind gestiegen, die Tarife der obligatorischen Krankenversicherung hingegen sind starr und seit Jahren zu tief. Auch im Zusatzversicherungsbereich sind die Tarife auf Intervention der FINMA als zuständiger Aufsichtsbehörde unter starken Druck geraten. Den finanziellen Turnaround konnten wir deswegen noch nicht erreichen. Demgegenüber schaffen wir es, unseren Versorgungsauftrag jederzeit zu erfüllen.
Stefanie Rohner
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